Berlin is in Germany

Deutschland 2001, 97 Minuten

Regie: Hannes Stöhr

Darsteller: Jörg Schüttauf (Martin Schulz), Julia Jäger (Manuela Schulz), Robin Becker (Rokko Schulz)

Personalausweis, Führerschein, Geldbörse - die alte Habe, die Martin Schulz bei seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Brandenburg nach mehr als 11 Jahren Haft ausgehändigt wird, taugt gerade noch zum Papierfliegerbasteln. Als ehemaliger DDR-Bürger hat er den Mauerfall im Gefängnis erlebt. Draußen wartet eine Welt auf ihn, die er nur aus dem Fernsehen kennt. Das Neue ist da, das Alte noch nicht ganz verschwunden. Martin quartiert sich in einem billigen Hotelzimmer im Osten Berlins ein. Der neue Reisepass, endlose Anträge, Kreativworkshops bei der Bewährungshelferin, die Suche nach einem Job - neugierig, zäh, charmant und couragiert versucht Martin, in der neuen Welt Fuß zu fassen. Gemeinsam mit seinem alten Arbeitskollegen Peter, der das Glück nach der Wende nicht eben gepachtet hatte, macht er sich auf die Jobsuche - fast aussichtslos, wenn man die Gefängnisschlosserei als letzte Arbeitsstelle angeben muß. Das Wiedersehen mit seiner Frau Manuela liegt Martin am meisten am Herzen - und die Begegnung mit seinem Sohn Rokko, der nach seiner Inhaftierung geboren wurde und den er nie kennengelernt hat. Weder Rokko noch Manuelas neuer Lebensgefährte Wolfgang wissen von Martins Knastvergangenheit. Als Martin endlich den Mut findet, Manuela zu treffen, platzt er in ein geselliges Abendessen. Was er zur Wendezeit gemacht habe, wollen die süddeutschen Gäste wissen. Doch die eigene Vergangenheit, sein Leben zu erzählen, dafür reichen ein paar Sätze nicht aus. Martin behilft sich, vom Alkohol beflügelt, mit der Geschichte seines Freundes Peter, der 1989 als Panzergrenadier auf Abruf stand. Auf dem Höhepunkt seiner Erzählung bricht er betrunken zusammen, ein peinlicher Auftritt, der auf Manuelas Couch sein Ende findet. Nach dieser Nacht hält sich Martin von Manuela fern. Im Video-Nachtclub seines dubiosen Knastbekannten Victor findet er einen übergangsjob. Manuela sucht inzwischen fieberhaft nach Martin. Doch weder die Bewährungshelferin noch Peter wissen, wo er steckt. Das Hotel hat er überstürzt verlassen. Als Martin eines Nachts zufällig seinen alten Arbeitskollegen Enrique trifft, kommen die Ereignisse wieder in Gang. Enrique hatte mit Martin damals im Transformatorenwerk Karl Liebknecht gearbeitet, nun ist er als Taxifahrer unterwegs - das könnte auch für Martin endlich die erhoffte Perspektive sein, um im neuen Berlin Fuß zu fassen - und seinen sehnlichsten Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen, sich ein paar Tage Urlaub mit Rokko leisten zu können. Martins Leben in der Gegenwart scheint endlich Konturen anzunehmen. Mit Hilfe Enriques meldet er sich zur Taxischulung an und nimmt den Kontakt zu Manuela wieder auf. Erst jetzt gelingt es ihm, Rokko kennenzulernen. Mit Feuereifer bereitet er sich auf die Taxiprüfung vor, macht sich mit dem unbekannten Westen der Stadt vertraut und lernt die neuen Straßennamen im Osten. Manuela unterstützt ihn nach Kräften, was Wolfgang mit gemischten Gefühlen beobachtet. Doch seine Knastvergangenheit holt Martin wieder ein. Wegen seiner schweren Vorstrafe wird er nicht zur Taxiprüfung zugelassen. Als schließlich die illegalen Geschäfte Victors auffliegen, wird es eng für Martin. In Manuela und Rokko sieht er nun seine letzte Chance, um wieder auf die Beine zu kommen.

Hannes Stöhr wurde 1970 in Hechingen-Sickingen geboren. Nach seinem Zivildienst studierte er an der Universität Passau bis 1993 Europarecht (Englisch und Spanisch), 1994 ermöglichte ihm ein Erasmus-Stipendium den Aufenthalt in Santiago de Compostela. 1995 begann Hannes Stöhr das Filmstudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, Fachrichtung Drehbuch und Regie. Zu seinen eigenen Filmarbeiten zählen »Biete Argentinien, suche Europa« (1995), »Maultaschen« (1996), »Lieber Cuba libre« (1997) und »Gosh - Live in Paradise« (1998)


Berlin is in Germany
12.02. - 18.02.04

Vortrag: »Berlin mit fremdem Blick«, Adelheid Wedel (Kulturjournalistin)

Publikumsgespräch mit Regisseur Hannes Stöhr